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Wie der Rechtsflucht in Handelsverträgen begegnen? Werner-von-Melle-Preis 2021 für die Juristin Antonia Sommerfeld
Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung und die Edmund Siemers-Stiftung haben den mit 10.000 Euro dotierten Werner-von-Melle-Preis 2021 an Dr. Antonia Sommerfeld verliehen. Sie zeichnen eine Hamburger Wissenschaftlerin für ihre herausragende, thematisch besonders relevante Dissertation aus.
Seit Jahrzehnten wird der deutsche Gesetzgeber mit der Forderung konfrontiert, das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht) so zu reformieren, dass Unternehmen in Handelsverträgen nicht in ausländische Rechtsordnungen durch Rechtswahl flüchten. Das AGB-Recht stelle nach Ansicht der Reformbefürworter einen Wettbewerbsnachteil für den "Rechtsstandort Deutschland" dar und müsse daher im unternehmerischen Rechtsverkehr liberalisiert werden. Das Risiko einer Rechtsflucht wird dabei in der gegenwärtigen Reformdebatte besonders hervorgehoben – dessen Bedeutung und Auswirkungen jedoch bislang nicht näher analysiert. Wie groß ist diese Gefahr einer Rechtsflucht jedoch wirklich? Welchen Unternehmen würde eine liberalisierende Reform nützen und welchen schaden? Und was bedeutet dies in der Konsequenz für den deutschen Gesetzgeber?
Die Juristin Dr. Antonia Sommerfeld untersucht in ihrer Dissertation "AGB-Reform und Rechtsflucht. Bedeutung der Rechtsflucht für die AGB-Reformdebatte im unternehmerischen Rechtsverkehr", welchen Einfluss das Risiko einer Rechtsflucht für die Ausgestaltung des deutschen AGB-Rechts im unternehmerischen Rechtsverkehr hat und ob und in welcher Weise sich hieraus in der Konsequenz ein Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers ergibt.
Sommerfeld wägt argumentationsstark ab, welche Vor- und Nachteile sich mit den einzelnen Regelungsoptionen verbinden. Ihre Forschung zeigt, dass der Einfluss des AGB-Rechts als Auslöser für eine Rechtsflucht überschätzt wird und dass eine vermehrte Wahl der deutschen Rechtsordnung in Handelsverträgen nicht allein durch eine Reform des AGB-Rechts erreicht werden kann. Wenn man das AGB-Recht liberalisieren wollen würde, dann erscheint im Lichte der Analyse des Rechtsfluchtargumentes eine liberalere AGB-Kontrolle hinsichtlich Haftungsausschlussklauseln, wenn überhaupt, dann nur in internationalen Verträgen und Verträgen mit Großunternehmen zweckmäßig. Den Schutz der AGB-Kontrolle zur derzeit geltenden Rechtslage sollten weiterhin rein nationale Verträge und kleine Unternehmen genießen.
