Drei Fragen an Ulrich Brömmling

Ulrich Brömmling, Autor unseres neuen Bandes Max Emden. Hamburger Kaufmann, Kaufhauserfinder, Ästhet und Mäzen, im Gespräch mit dem Präsidenten der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, Ekkehard Nümann.

Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung: Max Emden – wie muss man sich diesen Mann vorstellen? Er war beides, Kaufmann und Kunstfreund, ja Genussmensch – wie zeigt sich das in seinem Lebensverlauf?

Ulrich Brömmling: Die drei Aspekte seiner Persönlichkeit stehen in treffender Reihenfolge. Er war zuallererst Kaufmann, und dürfte einer der erfolgreichsten gewesen sein, die Hamburg je sah. Kunstfreund war er auch für andere, er finanzierte Gemäldeankäufe. In vielen Fällen hat er, vor allem in der Hansestadt, gespendet und gestiftet – auch noch, nachdem er 1928 ins Tessin gezogen war. Max Emden hatte dezidierte Meinungen zu wirtschaftlichen, ästhetischen, gesellschaftlichen Fragen, er war ein Mann mit Haltung, der sich nicht in die erste Reihe drängte. Er sprach unangenehme Wahrheiten aus, damit war er manchen Menschen nicht unbedingt sympathisch. Emden hat kein Tagebuch geführt, und Selbstzeugnisse sind kaum erhalten. Man muss seinen Charakter aus seinen Handlungen lesen. Nie lobte er sich selbst oder seine Firma, war seinen Angestellten gegenüber stets korrekt. Und er war überaus großzügig. Bei allem Erfolg war Emden kein glücklicher Mensch, auch nicht auf den wunderbaren Brissago-Inseln: Er wurde von den Nazis immer weiter in die Enge getrieben, bis er im Juni 1940 sein Lebenswerk vollständig zerstört sah. Einen Monat später wäre er nicht mehr zahlungsfähig gewesen. All das lässt Spekulationen über seinen Tod zu.

Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung: Ihr Buch erscheint zu einer Zeit des Niedergangs der Warenhäuser – wie sehen Sie angesichts dessen den "Kaufhauserfinder" Max Emden? Und: Da Ihrem Buch eine DVD mit dem Film über Emden beiliegt – welche Unterschiede bestehen zwischen Ihrer und der filmischen Biographie?

Ulrich Brömmling: Max Emden konnte groß und klein denken und handeln: Er war Gründer des KaDeWe in Berlin, baute das Oberpollinger in München, hatte aber gleichzeitig auch viele kleine Franchise-Partner im In- und Ausland. Das Angebot sollte breit sein, so blieb sein Konzept erfolgreich. Der Dokumentarfilm "Auch Leben ist eine Kunst" richtet das Augenmerk vor allem auf die Geschichte einzelner Bilder der Emdenschen Kunstsammlung und ihres sagenhaften Wegs. Von der Firma erfährt man wenig, wenig von der ästhetischen Haltung, die aus seinem Essay "Hamburger Baukunst" spricht, wenig von seinem mäzenatischen Engagement.

Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung: Was hat Hamburg Max Emden zu verdanken?

Ulrich Brömmling: Sehr, sehr viel. Eine große Geste des Dankes steht wirklich noch aus! Und hier sollten wir unbedingt auch den Vater, Jacob Emden, und die ganze Familie Emden mit einbeziehen. Denn die Firma M. J. Emden Söhne hat, wenn wir unabhängigen Wirtschaftsquellen glauben, Hamburg erst zu einer Messestadt gemacht. Zweimal im Jahr gab es Einkaufsmessen für die Franchise-Partner der Firma. Wenn wir an kleinere Dinge denken, ist natürlich die Villa Sechslinden in Klein Flottbek zu nennen inklusive Garten, das Polo-Gelände in Klein Flottbek und natürlich auch die Universität.  

Die Publikation ist beim Wallstein Verlag erschienen. Sie können Sie in jeder Buchhandlung oder direkt hier erwerben.

Hören Sie hier den Deutschlandfunk-Bericht "Mäzene für die Wissenschaft" vom 1. Oktober 2020.